Ein Geländer, das aussieht wie Schienen, weil es um 90 Grad gedreht ist

anders anders

Dieser Text stammt aus dem Jahr 2021, als die Corona-Pandemie erheblichen Einfluss auf des Leben der meisten Menschen hatte.

Was sich in diesen Augenblicken – ja, mit diesem Wort: nachhaltig – verändert, ist die Art unsere Zusammenlebens als Menschheit. Diese Veränderung findet immer statt. Aber in diesem Jahr ist sie für uns alle sichtbar, ja unübersehbar geworden, weil es einen radikalen Bruch gegeben hat. Ein Zurück gibt es nie, aber jetzt ist das noch viel klarer als sonst: Wenn wir zurückschauen, blicken wir in den Graben, der sich da aufgetan hat zwischen der Zeit vor und der Zeit mit Corona.

Auch die Zukunft war früher schon anders

Die Welt ist anders als zuvor, mehr als das: Sie ist anders anders. Alle, die die beste Prognose zum Ziel und zur Grundlage ihres Handelns machen, müssen das leugnen, aber: Auch so ist es schon immer gewesen. Die Zukunft ist niemals nur anders, als wir sie uns vorgestellt haben. Sie ist immer anders anders: Wir lieben den neuen Menschen in unserem Leben nicht einfach mehr oder weniger als denjenigen, mit dem wir vorher verbunden waren – sondern anders. Weil wir ganze Menschen sind und keine Quartettkarten, die sich nur in den fünf immer gleichen Kategorien unterscheiden. Wir werden nie einfach nur schneller geworden sein in unserem Beruf, sondern wir werden längst einen anderen Beruf haben als den, den wir gelernt haben – selbst, wenn wir nie die Stelle gewechselt haben. Wir werden nie in einer Welt leben, die einfach besser ist, sondern wir werden Freiheit gewinnen von Dingen, von denen wir uns heute nicht einmal gefangen fühlen.

Wandel statt Steuerung

Wenn wir die Veränderung gestalten, heißt sie Wandel (manchmal sogar: Verwandlung). Wandel lässt sich nicht steuern; er lässt sich nicht delegieren. Dabei ist es egal, welchen Ausdruck des Wandels wir betrachten: Weder können wir jemanden anders für uns eine neue Haltung entwickeln lassen, noch wird eine neue Strategie die Welt einfach und linear machen. Wandel ist ständig, er ist gleichzeitig unmittelbar persönlich und geteilt.

Der offene Bruch im Zusammenleben lässt auch in Organisationen deutlicher zutage treten, was schon immer galt: Solche Organisationen (und ihre Teile und ihre Mitglieder), die sich auf Prognose, Steuerung und Zuständigkeit verlassen, werden verändert. Sie sehen sich als der Welt gegenüber, als ihre Kontrahenten und damit als Objekte der Welt. Organisationen dagegen, die sich auf ihre echte Aufgabe und auf die Fülle an persönlichen Qualitäten ihrer Mitglieder verlassen, können sich und die Welt verwandeln. Denn sie wissen, dass sie selbst die Welt sind – und damit ihre handelnden Gestalter. Sie wissen auch um das Einzige, was sie dennoch nie werden erreichen können: Die Welt wieder zu der zu machen, die sie einmal war. Auch, wenn uns die Sehnsucht manchmal packt: Die Zukunft ist anders anders. Welch‘ ein Glück.